News

Britische Supermärkte setzen teilweise wieder auf Gentechnik-Futter

- Der britische Lebensmitteleinzelhandel setzt bei der Geflügelfleisch- und Eierproduktion wieder auf Gentechnik-Tierfutter. Nachdem der Marktführer Tesco ein 11 Jahre altes Gentech-Verbot aufgehoben hatte, zogen mit Sainsbury's, Marks and Spencer und Coop drei weitere bedeutende Supermarkt-Ketten nach. Lediglich Waitrose steht von den großen Lebensmittelhändlern zu seinem "Ohne Gentechnik"-Versprechen bei Geflügelfleisch und Eiern. Kennzeichnungen auf den Verpackungen soll es Medienberichten zufolge nicht geben.

Tesco begründete den Schritt mit Versorgungsengpässen bei nicht-GV-Futter, mit denen Landwirte und Lieferanten zu kämpfen hätten. Die Umweltorganisation Soil Association hält dieses Argument allerdings für vorgeschoben. Es sei schlicht falsch, dass weniger gentechnikfreies Futter verfügbar sei. Tesco habe die Behauptungen der Gentechnik-Industrie „geschluckt“, so Soil Association-Vertreter Peter Melchett.

Auch der Verband der GVO-freien Erzeuger und Verarbeiter Brasiliens, ABRANGE, äußerte in einem offenen Brief Unverständnis für die Kehrtwende des britischen Einzelhandels. Brasilien habe gerade eine Soja-Rekordernte von 82 Millionen Tonnen eingefahren, ein Viertel davon sei Gentechnik-frei. Zwar könne es zu Verzögerungen bei der Verschiffung kommen, die durch die Überlastung der Häfen des Landes verursacht werde. Wegen der boomenden Exportwirtschaft dauere es teils über einen Monat, bis Schiffe beladen werden könnten. Einen Engpass an gentechnikfreien Rohstoffen gebe es jedoch nicht. Tatsächlich wird es dieses Jahr wohl mehr gentechnikfreies Soja verfügbar sein als noch 2012. Das Zertifizierungsunternehmen CERT ID rechnet damit, dass die von ihm geprüfte Menge Soja aus Brasilien von 4,3 auf 5,9 Millionen Tonnen steigen wird. Neben CERT ID gibt es noch weitere Zertifizierer, die ebenfalls Sojabohnen von nicht-genmodifizierten Pflanzen ausweisen.

Brancheninsider aus Großbritannien gehen deshalb davon aus, dass der eigentliche Grund für den Ausstieg aus der gentechnikfreien Fütterung ein rein wirtschaftlicher ist. Tesco rechne sich wohl aus, rund 100 Pfund Sterling pro Tonne Futtermittel sparen zu können, wenn es seine Lieferanten anhält, auf Gentechnik-Soja umzusteigen. Dabei könne der Einzelhandels-Konzern die Differenz einbehalten, anstatt den Preisunterschied an die Verbraucher weiterzureichen. Diese würden also nicht profitieren, während Tescos Gewinne – und auch die der Gentechnik-Industrie - steigen könnten. Besonders kritisiert wird außerdem, dass für den Verbraucher nicht ersichtlich sein wird, welches Futter eingesetzt wurde.

Der Verband Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG) geht nicht von einer Signalwirkung für das kontinentale Europa aus. „In Frankreich, Österreich und Deutschland bauen die Supermärkte ihr Angebot an gentechnikfrei hergestellten Lebensmittel weiter stetig aus,“ stellt Alexander Hissting, Sprecher des VLOG, fest. „Im Gegensatz zu Grossbritannien existieren in diesen Ländern gesetzliche Regelungen zur ‚Ohne Gentechnik‘-Kennzeichnung von Lebensmitteln. Landwirte, Lebensmittelhersteller und –händler können die höhere Qualität ihrer Produkte damit besser kommunizieren und sich vom übrigen Markt differenzieren. Es ist höchste Zeit für EU-weite 'Ohne Gentechnik"- Kennzeichnungsregeln", fordert Hissting.

Daily Mail: Tesco drops 11-year ban on eggs from chickens fed on GM soya diet as it blames farmers and suppliers for the decision (11.04.2013)

ABRANGE: Verlautbarung zu gentechnikfreien Futtermitteln (16.04.2013)

VLOG: Mehr gentechnikfreies Soja in 2013 (Februar 2013)