News

EU-Abgeordnete kritisieren undemokratische Gentechnik-Zulassungen

- Fünfzig EU-Abgeordnete haben in einem Offenen Brief an die EU-Kommission gegen undemokratische Gentechnik-Zulassungen protestiert, die diese immer wieder ohne Mehrheit der EU-Staaten und gegen das Europaparlament erteilt. Schon 42-mal hat die Kommission ablehnende Stellungnahmen des Europäischen Parlaments dazu ignoriert. Deshalb fordern die 50 Europa-Abgeordneten, Entscheidungsmodus zu ändern und den sogenannten „Green Deal“ der EU nicht durch ein ‚Weiter so’ bei der Agro-Gentechnik zu gefährden.

Die EU-Kommission erteilt regelmäßig Gentechnik-Zulassungen, obwohl es dafür keine Mehrheit unter den Mitgliedsstaaten gibt und das Europaparlament sich explizit dagegen ausspricht. Europaabgeordnete aus mehreren Fraktionen haben sich deshalb bei EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans über die Missachtung des Parlaments beschwert. Schon 42-mal hat die EU-Kommission ablehnende Stellungnahmen des Europäischen Parlaments zu Gentechnik-Zulassungen ignoriert. Jetzt steht der 43. Fall an, und deshalb fordern die 50 Europa-Abgeordneten, den aus ihrer Sicht undemokratischen Entscheidungsmodus zu ändern und den sogenannten „Green Deal“ der EU – für den Timmermans zuständig ist – nicht durch ein ‚Weiter so’ bei der Agro-Gentechnik zu gefährden.

Die Zulassung gentechnisch veränderter Pflanzen für den Import als Futter- und Lebensmittel in die EU läuft seit Jahren folgendermaßen ab: Im eigentlich dafür zuständigen Ausschuss der Mitgliedsstaaten fehlt die notwendige qualifizierte Mehrheit. In diesem Fall fällt das Entscheidungsrecht an die Kommission. Und die hat bisher immer die Zulassung erteilt. Das Europäische Parlament hat in 42 Fällen eigene Stellungnahmen verabschiedet und jedes Mal gefordert, die Gentech-Pflanze nicht zuzulassen. Damit hat das Parlament den Willen der EU-Bürger formuliert, die seit 25 Jahren Gentechnik im Essen mit deutlicher Mehrheit ablehnen. Doch auf die Zulassungen haben Parlamentsbeschlüsse keinen Einfluss. „Diesem Entscheidungprozess fehlt die demokratische Legitimität“ argumentieren die Abgeordneten in ihrem Schreiben an Timmermans.

Die im Herbst 2019 neu angetretene EU-Kommission muss jetzt zum ersten Mal über eine Gentechnik-Zulassung entscheiden. Es geht um die Sojabohne MON 87708 × MON 89788 × A5547-127, die gegen gleich drei Herbizide resistent gemacht wurde. Das Parlament hatte die Zulassung am 14. Mai 2020 abgelehnt, „mit der höchsten Zustimmung, die ein solcher Antrag je erreicht hat“, heißt es in dem Schreiben. Gleichzeitig hätten im zuständigen Ausschuss nur 10 Mitgliedsstaaten, die lediglich 37 Prozent der Bevölkerung repräsentieren, für eine Zulassung gestimmt. „Wir bitten Sie dringend, die Zulassung, wie vom Parlament verlangt, zu verweigern. Das Recht dazu hat die Kommission“, schreiben die Abgeordneten.

Sie argumentieren auch mit den Gesundheitsrisiken der Herbizide Glyphosat, Glufosinat und Dicamba, gegen die die Gentechnik-Bohne resistent sei und die deshalb bei deren Anbau verstärkt eingesetzt würden. Die EU-Lebensmittelbehörde EFSA habe in ihrer Beurteilung der Sojabohne die Risiken eines Rückstandscocktails aus diesen drei Wirkstoffen nicht betrachtet. Zudem sei der Sojaanbau in Südamerika die wesentliche Ursache dafür, dass die Wälder Amazoniens, des Cerrado und Gran Chaco abgeholzt würden, schreiben die Abgeordneten weiter. Die Entwaldung gefährde die Artenvielfalt und heize den Klimawandel an. Mit einer Ablehnung der Gentech-Sojabohne könne die EU-Kommission zeigen, dass die Versprechen des „Green Deal“ nicht nur leere Worte seien.

Der Brief der 50 EU-Abgeordneten an Kommissions-Vizepräsident Frans Timmermans (16.06.2020)

Die Entschließung des EU-Parlaments zu genetisch veränderte Sojabohnen der Sorte MON 87708 × MON 89788 × A5547-127 (14.05.2020)

Testbiotech: Comment on EFSA’s assessment of genetically engineered soybean MON 87708 x MON 89788 x A5547-127 (August 2019)