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Gentechnik auf der Grünen Woche 2021

- Auch die Internationale Grüne Woche (IGW) und ihre zahlreichen Begleit-Events mussten 2021 als große Vor-Ort-Events coronabedingt ausfallen: keine Menschenmassen zwischen Tieren und Essensständen, keine Empfänge, keine große Demo. Agrarpolitisch diskutiert wurde trotzdem ausgiebig bei diversen Online-Veranstaltungen – natürlich auch über Gentechnik.

Grüne Woche 2021, Foto © Messe Berlin GmbH

Mindestens zwei Termine widmeten sich ausdrücklich und exklusiv dem Thema Gentechnik: Der „Dialog Genome Editing“ im Rahmen des Global Forum for Food and Agriculture (GFFA) und die Veranstaltung „Agrarökologie statt Gentechnik – Wie ernährt sich die Welt?“ der Grünen Bundestagsfraktion. Aber auch beim agrarpolitischen IGW-Auftakt des Deutschen Bauernverbandes (DBV) war Gentechnik ein Thema.

Unredliche Verbindung zwischen Corona-Impfung und Gentechnik-Pflanzen

Bemerkenswert ist, wie sehr Gentechnik-Unterstützer aktuell immer offensiver versuchten, unredlich eine Verbindung zwischen der Corona-Impfdebatte und der Anwendung von Gentechnik in der Landwirtschaft zu konstruieren, obwohl beides wenig miteinander zu tun hat. Das Kalkül ist offensichtlich: man versucht, das positive Image von Impfstoffen, die mit Genome Editing hergestellt werden, auf landwirtschaftliche Anwendungen zu übertragen – wer Gentechnik-Pflanzen kritisch sieht, wird als Gegner medizinischer Errungenschaften dargestellt. Den zentralen Unterschied, dass es sich in der Medizin um Gentechnik-Anwendungen im geschlossenen System handelt, bei der Agro-Gentechnik dagegen um Freisetzungen ins Ökosystem, verschweigen die Gentechnik-Befürworter geflissentlich.

Politische Gentechnik-Diskussion beim Bauernverband

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner etwa stellte diesen Zusammenhang bei der DBV-Diskussion her, und auch bei der GFFA-Debatte zu neuer Gentechnik wurde er vorgetragen. Lindner forderte, neue Gentechnik dürfe „nicht die gleichen regulatorischen Hürden haben“ wie die alte.

Auch CDU-Agrarpolitikerin Gitta Connemann betonte, ihre Partei stehe „bekanntlicherweise den neuen Züchtungstechnologien sehr offen gegenüber“ und ließ ihre Freude erkennen über die vermeintlichen Anzeichen für mehr Gentechnik-Offenheit bei SPD und Grünen, die sie aber noch „zu unkonkret“ findet.

Der Grünen-Parteivorsitzende Robert Habeck sprach dagegen von „begründeter Skepsis“ und forderte eine strenge Regulierung der Anwendung neuer Gentechnik im Sinne des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von 2018.

Auch Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch äußerte „weiterhin große Skepsis“ gegenüber Versprechungen der Gentechnik zur Bekämpfung des Hungers in der Welt.

SPD-Umweltpolitiker Matthias Miersch sprach von „knallharten Interessen“, die hinter der neuen Gentechnik stünden und warnte vor Oligopolisierung und einer Verkettung zwischen Recht, Patenten und Sortenschutzrechten.

Bei den Veranstaltungen von GFFA und Grünen waren auf den Podien jeweils Befürworter und Kritiker der Gentechnik unter sich, so dass es dort keine kontroversen Diskussionen und wenig inhaltliche Überraschungen gab.

„Dialog Genome Editing“ vereinnahmt Greta Thunberg

Beim „Dialog Genome Editing“ wurde wie schon von der FDP beim DBV der Corona-Impf-Zusammenhang bemüht. Ein weiteres der neuen Argumentationsmuster der Gentechnik-Befürworter präsentierte unter anderem der CDU-Politiker Norbert Lins, Vorsitzender des Agrarausschusses im Europaparlament, der gleich mehrfach versuchte, gar Greta Thunberg via Klimaschutz und „Listen to the science“ für die Gentechnik zu vereinnahmen. Was die wohl davon halten würde? Außerdem warnten die GFFA-Podiumsteilnehmer vor „schweren Verwerfungen“ im globalen Agrarhandel, wenn die EU neue Gentechnik nicht dereguliere.

Welternährung mit Agrarökologie statt Gentechnik

Unter der Überschrift „Agrarökologie statt Gentechnik – Wie ernährt sich die Welt?“ setzten der Grünen-Agrarpolitiker Harald Ebner mit den Expert*innen Christine von Weizsäcker (Präsidentin von Ecoropa – European Network for Ecological Reflection and Action), Lena Bassermann (INKOTA-Netzwerk) und Stig Tanzmann (Brot für die Welt) der oft bemühten Behauptung, Gentechnik könne einen Beitrag zur Welternährung leisten, konkrete Perspektiven und Ansätze eines agrarökologischen Modells entgegen, das langfristig weltweit eine nachhaltige Selbstversorgung sichern kann.

Agrarpolitischer Jahresauftakt 2021 des Deutschen Bauernverbandes

Zukunft der Landwirtschaft: Agrarökologie statt Gentechnik! (Grüne Bundestagsfraktion)

GFFA 2021: „Klimaresiliente Ernährungssysteme: Beitrag der Neuen Züchtungstechniken – global und in Europa“

top agrar: EU-Gentechnikregelung sorgt für Verwerfungen im Agrarhandel