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Neue Gentechnik: Recht vollziehen statt Recht ändern

- 23 Verbände der Agrar- und Ernährungswirtschaft haben die deutsche Politik aufgefordert, das EU-Gentechnikrecht zu ändern und mit neuer Gentechnik erzeugte Pflanzen auszunehmen. Der VLOG warnt davor, die Regeln für ein so neues Verfahren wie CRISPR/Cas zu lockern. Dies sei intransparent und mit dem Vorsorgeprinzip unvereinbar.

Die Verbände der Agrarwirtschaft behaupten in ihrem Schreiben, die Neue Gentechnik biete „Chancen, die Folgen des Klimawandels abzumildern sowie die Nachhaltigkeit und die Biodiversität in der Landwirtschaft zu fördern“. Um Nutzpflanzen widerstandsfähiger gegen Wassermangel, Versalzung, Hitze, Krankheiten und Schädlinge zu machen, seien Innovationen in der Züchtung notwendig. Die neue Gentechnik besitze „das realistische Potenzial, innerhalb relativ kurzer Zeit zur Lösung solcher Herausforderungen beizutragen“. Darüber hinaus könne sie die bestehende natürliche genetische Vielfalt erweitern und Sorten für ein besseres Angebot an nachwachsenden pflanzlichen Rohstoffen bereitstellen.

VLOG-Geschäftsführer Alexander Hissting kommen diese Behauptungen bekannt vor: „Vor  20 Jahren haben die Hersteller gentechnisch veränderter Pflanzen schon einmal versucht, mit Hilfe von Heilsversprechen Akzeptanz für eine Technik zu schaffen, die dem Verbraucher nicht hilft aber Risiken für Mensch und Umwelt birgt.“ Damals hätten die EU-Mitglieder ein strenges Zulassungs- und Kennzeichnungsrecht erlassen und so Sicherheit und Transparenz für die Verbraucher geschaffen. „Das in der EU geltende Vorsorgeprinzip verlangt, dass neue Verfahren wie CRISPR/Cas besonders sorgfältig reguliert und geprüft werden“, erklärt Hissting. „Wer diese Verfahren aus der Gentechnikregulierung herausnimmt, gibt auch die Möglichkeit aus der Hand zu beobachten, ob sie tatsächlich so sicher sind wie versprochen.“ Die dafür notwendige Transparenz und Rückverfolgbarkeit sei auch die Grundvoraussetzung für die Wahlfreiheit von Landwirten, Herstellern und Verbrauchern. „Deregulierung bedeutet Intransparenz. Die Verbraucher wüssten nicht mehr, was sie einkaufen und essen“, sagt Hissting.

Die Verbände der Agrarwirtschaft behaupten in ihrem Schreiben, Transparenz sei nicht möglich, denn es lasse sich nicht nachweisen, ob eine Punktmutation durch neue gentechnische Verfahren, natürliche Mutation oder eine konventionelle Mutagenese mittels Strahlung oder Chemikalien herbeigeführt worden sei. Deshalb könne das Urteil des EuGH nicht vollzogen werden. „Das ist eine gezielte Falschbehauptung“, hält Hissting dagegen. „Es fehlt nich an Möglichkeiten des Vollzugs, es fehlt der politische Wille dazu.“

Unterstützung bekommt der VLOG dabei von einer Koalition aus Umwelt-, Bauern- und Bio-Organisationen: „Die praktischen Probleme bei der Umsetzung des Urteils können überwunden werden“, heißt es in einem Brief der Organisationen an das Bundeslandwirtschaftsministerium. Sie argumentieren, dass bekannte Veränderungen etwa beim herbizidtoleranten Raps der Firma Cibus oder bei der Sojabohne von Calyxt sehr wohl nachgewiesen werden könnten. Diese beiden Pflanzen der neuen Gentechnik werden in den USA bereits angebaut. Zudem sei es möglich, Nachweismethoden für unbekannte Produkte zu entwickeln.

Die Verbände forderten Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner auf, die nationalen Behörden anzuweisen, die notwendigen Kontrollen durchzuführen. Auch soll sie die Hersteller von neuen gv-Produkten auffordern, Nachweismethoden, Referenz- und Kontrollmaterial zu liefern. Die EU-Kommission solle dass EU-Netzwerk von GVO-Laboratorien beauftragen, Methoden und Strategien zu entwickeln, um unbekannte, mittels Genome Editing hergestellte Produkte zu identifizieren.
 

Grain Club: Offener Brief von Verbänden der Agrarwirtschaft und Ernährungsindustrie anlässlich des Urteils des Europäischen Gerichtshofes zu den Neuen Züchtungsmethoden (23.10.2019)

BUND: Verbändebrief anlässlich des EU-Verbraucherrates am 24. Oktober 2019 Umsetzung der Richtlinie 2001/18 im Hinblick auf neue Gentechnik-Verfahren (21.10.2019)

VLOG-Position Neue Gentechnik-Verfahren (25.10.2016)