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Polen führt eigene „Ohne Gentechnik“-Kennzeichnung ein

- Polen bekommt eine eigene „Ohne Gentechnik“-Kennzeichnung. Ein vom Parlament des östlichen Nachbarlandes beschlossenes Gesetz hat Präsident Andrzej Duda im Juli unterzeichnet. Am 1. Januar 2020 tritt es in Kraft.

Die künftige Regelung des bevölkerungsmäßig sechstgrößten EU-Mitgliedstaates weist einige Parallelen zur deutschen „Ohne Gentechnik“-Kennzeichnung auf, enthält aber auch einige Unterschiede.

Zwei Möglichkeiten der Kennzeichnung sieht das neue Gesetz vor: 1.) Als „ohne GVO“  (polnisch: „bez GMO“) dürfen Lebensmittel pflanzlichen Ursprungs sowie Futtermittel gekennzeichnet werden, die gentechnikfrei sind. 2.) „Hergestellt ohne die Verwendung von GVO“ (polnisch: „wyprodukowane bez stosowania GMO“) darf auf gentechnikfreien tierischen Erzeugnissen stehen sowie auf Lebensmitteln, die gentechnikfreie tierische Erzeugnisse als Zutat enthalten.

Allerdings nennt das Gesetz mehrere Einschränkungen: Ausgelobt werden dürfen pflanzliche Produkte nur, wenn sie Zutaten enthalten, die in der EU auch als GVO zulässig wären, also Mais, Raps, Soja oder Zuckerrübe. Apfel oder Apfelmus etwa dürften nicht als „ohne GVO“ ausgelobt werden. Zusätzlich muss die Zutat aus Mais, Raps, Soja oder Zuckerrübe bei einem zusammengesetzten Lebensmittel mehr als 50 Prozent ausmachen. Ein bisschen Rübenzucker im Ketchup reicht also nicht, um ihn als „ohne GVO“ auszuloben.

Die Anforderungen an das Futtermittel zur Herstellung tierischer Lebensmittel sind identisch zur deutschen Gesetzgebung. Das Futtermittel darf nicht nach VO (EG) Nr. 1829/2003 als gentechnisch verändert gekennzeichnet sein.

Sind in Produkten mit mehreren Zutaten tierische Erzeugnisse enthalten, so muss deren Anteil mindestens 50 Prozent betragen, damit „Hergestellt ohne die Verwendung von GVO“ gekennzeichnet werden darf. Wasser wird dabei nicht eingerechnet.

Anders als bei der deutschen „Ohne Gentechnik“-Kennzeichnung dürfen Lebensmittel bei der polnischen Variante Verarbeitungshilfsstoffe, Aromen und Enzyme enthalten, die aus oder durch GVO hergestellt wurden, sofern es keine gentechnikfreie Alternative gibt. Dass tatsächlich keine Alternative besteht, soll durch Einzelfallprüfungen vor Ort kontrolliert werden.

Ein einheitliches Siegel für pflanzliche und tierische Lebensmittel sowie solche mit mehreren Komponenten soll in einer gesonderten Verordnung des Landwirtschaftsministers festgelegt werden. Auch die Fütterungsfristen für tierische Erzeugnisse, innerhalb derer die Tiere gentechnikfrei gefüttert werden müssen, definiert das Ministerium in einer gesonderten Verordnung. Dazu finden derzeit Konsultationen statt. Im Verordnungsentwurf für die Gespräche wurden u.a. folgende Fütterungsfristen genannt:

- Rind für Fleisch                     12 Monate

- Geflügel für Fleisch              10 Wochen

- Schwein                                 4 Monate

- Geflügel für Eier                   6 Wochen

- Kühe für Milch                      3 Monate

Wie die Gentechnikfreiheit der Produkte nachwiesen wird, regelt hingegen das neue Gesetz: Wer tierische Erzeugnisse auf den Markt bringt, muss Analyseberichte zum eingesetzten Futtermittel vorweisen. Ferner muss eine Risikoanalyse vorliegen und Proben von Futtermitteln genommen werden. Eine externe Zertifizierung ist laut Gesetz nicht vorgeschrieben.

Mit dem Gesetz regelt Polen die nationale „Ohne GMO“-Kennzeichnung landesweit. Andere polnische und außereuropäische Gentechnikfrei-Kennzeichnungen werden dann nicht mehr zulässig sein, im Gegensatz zu Produkten mit Kennzeichnungen aus der EU oder dem EFTA-Raum. Sind Lebensmittel mit einem Hinweis auf die Gentechnikfreiheit aus diesen Wirtschaftsräumen dort legal in Verkehr gebracht, können Sie auch in Polen mit identischer Kennzeichnung vermarktet werden. Bisher haben zwar einige polnische Produzenten ihre Produkte bereits mit einem Hinweis auf den Verzicht auf Gentechnik im Herstellungsprozess beworben, es gab aber keine einheitlichen Kriterien. Diese individuellen Kennzeichnungen fallen dann mit einer Übergangsfrist von zwei Jahren weg.

Zudem haben sich mehrere polnische Molkereien nach dem VLOG-Standard zertifizieren lassen, sowohl um den deutschen als auch den einheimischen Markt zu beliefern. Erzeugnisse, die nach dem VLOG-Standard zertifiziert sind, erfüllen in jedem Fall auch die polnischen Anforderungen an die Gentechnikfrei-Kennzeichnung und dürfen mit „ohne GVO“ bzw. „Hergestellt ohne die Verwendung von GVO“ gekennzeichnet werden.

VLOG-Geschäftsführer Alexander Hissting begrüßte die polnische Regelung: „Wir freuen uns, dass sich Polen in den wachsenden Kreis der Länder einreiht, die eine nationale 'Ohne Gentechnik'-Kennzeichnungsregelung haben. Das gibt weiteren EU-Bürgen die Wahlmöglichkeit, sich bewusst für die gentechnikfreie Herstellung von Lebensmittel einzusetzen. Zudem fördert es den Anbau gentechnikfreier Pflanzen in Polen, der EU und weltweit.“

Gleichzeitig erhöht sich laut Hissting der Druck auf die EU-Kommission, endlich eine Harmonisierung der nationalen Kennzeichnungsregelungen anzugehen. Alle bestehenden nationalen Regelungen seien ähnlich  - aber eben nicht gleich. Und das erschwere den grenzüberschreitenden Handel mit „Ohne Gentechnik“-Waren.

Sollte die „Ohne Gentechnik“-Kennzeichnung einen ähnlichen Erfolg haben wie in Deutschland, hätte dies nach Hisstings Ansicht große positive Auswirkungen auf den Markt für gentechnikfreie Futtermittel in Europa. „Polen ist nicht nur das EU-Land mit der sechstgrößten Bevölkerung, sondern auch der größte Produzent von Geflügelfleisch“, betont der VLOG-Geschäftsführer. „Für den Erfolg der Kennzeichnung ist deren Glaubwürdigkeit entscheidend. Ich kann jedem Unternehmen daher nur anraten, seine Prozesse durch eine anerkannte Zertifizierung absichern zu lassen.

Polnischer Staatspräsident: Meldung zur Unterzeichnung des Gesetzes durch den Präsidenten mit weiteren Informationen  (11.07.2019)