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Weitere Debatte um Opt-Out

- In der Bundesregierung wird weiter darüber diskutiert, wie die durch einen EU-Beschluss ermöglichten Anbauverbote für gentechnisch veränderte Pflanzen in Deutschland umgesetzt werden. Zwei Rechtsgutachten legen nun nahe, dass ein bundesweit einheitliches Verbot machbar ist. Ein Gesetzesentwurf des Landwirtschaftsministers geht aber in die andere Richtung.

Christian Schmidt (CSU) meint, Anbauverbote für Gentechnik-Pflanzen seien am besten durch die Bundesländer umzusetzen. Ein entsprechender Gesetzesentwurf, aus dem die Zeitung Der Tagesspiegel zitiert, schlägt vor, eine Expertenkommission einzurichten, die dann Gründe für jedes einzelne Verbot vorlegen soll.

Hauptargument des Landwirtschaftsministers ist die Rechtssicherheit. Doch zwei Gutachten, die das SPD-geführte Umweltministerium in Auftrag gab, sehen auf Länderebene keine Vorteile. „Für die Verhältnismäßigkeit und Rechtssicherheit eines flächendeckenden Anbauverbotes ist es von Rechts wegen unerheblich, ob es durch den Bund oder die Länder erlassen wird“, schreibt das Anwaltsbüro Gaßner, Groth, Siederer & Coll. Ein bundesweites Anbauverbot könne in der Praxis sogar wasserdichter sein, „weil die Konsistenz von Anbauverboten und Risikobewertungen im Zulassungsverfahren besser gewahrt“ werden könne.

Als möglichen Grund für ein Anbauverbot nennen die Anwälte unter anderen, dass die Wahlfreiheit der Verbraucherinnen und Verbraucher, gentechnikfreie Produkte zu konsumieren, gewahrt werden soll. Das zweite Gutachten der Universität Bremen kommt ebenfalls zu der Einschätzung, dass bundesweite Anbauverbote möglich sind – als Legitimation könnte beispielsweise der „Schutz der Integrität von Ökosystemen“ angeführt werden.

Aus Sicht des Verband Lebensmittel Ohne Gentechnik (VLOG) ist es nicht verständlich, dass Landwirtschaftsminister Schmidt immer noch daran festhält, jedes Bundesland einzeln entscheiden zu lassen. „Schmidts starre Haltung hinterlässt den Eindruck, dass er den möglichen Ärger durch Auseinandersetzungen mit Saatgut-Konzernen auf die Bundesländer abwälzen möchte“, kommentiert Verbandsgeschäftsführer Alexander Hissting. Gute Gründe für Anbauverbote zu finden, das zeigten auch die beiden Gutachten, erfordere so oder so viele Informationen. „Wenn die Bundesregierung Gentechnik auf dem Acker wirklich verbieten will, wird sie es auch schaffen, die nötigen stichhaltigen Argumente zu finden“, so Hissting.

Auch der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) hält die Möglichkeit, bundesweite Anbauverbote zu erlassen, durch die Expertengutachten für bestätigt. „Agrarminister Schmidt muss die Gentechnik-Verbote jetzt umsetzen, denn die Menschen wollen keine Gentechnik auf dem Acker und dem Teller. Sie kaufen deshalb immer mehr Bio-Essen und auch herkömmliche Lebensmittel, die gentechnikfrei hergestellt wurden“, erklärte der Vorsitzende Felix Prinz zu Löwenstein am Freitag.

Für Harald Ebner, Gentechnik-Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, ist Schmidts Gesetzesvorschlag „nur ein weiterer schlecht kaschierter Versuch des CSU-Ministers, sich selbst um die Verbotsentscheidung zu drücken.“ Nicht Expertengremien, sondern Politiker müssten für derartige Entscheidungen die Verantwortung übernehmen.

BfN: Nationale Anbauverbote für gentechnisch veränderte Pflanzen: Rechtsgutachten

Tagesspiegel: Agrarminister: Schnell Handeln gegen Gen-Food (05.06.15)