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3:3 bei Gentechnik in Bundestags-Wahlprogrammen

- Gentechnik ist – meist namentlich benannt, einmal auch leicht verschleiert – Thema in allen Wahlprogrammen der im Bundestag vertretenen Parteien. Drei sprechen sich gegen Gentechnik auf Acker und Teller und für Regulierung auch neuer Verfahren wie CRISPR aus, drei sind mehr oder weniger deutlich für Einsatz und Deregulierung.

Union für Einsatz neuer Gentechnik

Die aktuell regierende Union aus CDU und CSU hat traditionsgemäß spät und ohne Beteiligung von Basis und Öffentlichkeit am Entstehungsprozess ihr Programm veröffentlicht. Das Wort „Gentechnik“ taucht darin nicht auf, stattdessen gibt es eine Renaissance des Verschleierungs-Begriffs „neue molekularbiologische Züchtungstechnologien“ – der nichts anderes meint als neue Gentechnik. Die Union sieht darin Potenzial für Umweltschutz und Wettbewerbsfähigkeit und möchte ihren Einsatz ermöglichen – durch eine „Modernisierung des europäischen Rechtsrahmens“, also eine Deregulierung für neue Gentechnik. Einziger kleiner Vorbehalt: der Einsatz soll „verantwortungsvoll“ erfolgen und „auf klaren Regeln basieren“. Ähnlich hat sich auch CDU-Noch-Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner zuletzt immer wieder geäußert, die allerdings meist auch neue Gentechnik immerhin beim Namen nennt.

SPD: Nein zu gentechnisch veränderten Pflanzen

Die SPD als Noch-Koalitionspartner der Union handelt das Thema sehr knapp, dafür aber umso eindeutiger ab: „Wir bleiben beim Nein zu gentechnisch veränderten Pflanzen“, heißt es im „Zukunftsprogramm“ der Partei. Äußerungen von Fachpolitikern und SPD-Umweltministerin Svenja Schulze zufolge meinen die Sozialdemokraten damit eindeutig auch neue Gentechnik.

Grüne für Regulierung und Kennzeichnung neuer Gentechnik

Am ausführlichsten haben sich die Grünen in ihrem Wahlprogramm mit Gentechnik beschäftigt. Sie bekennen sich darin klar zur Regulierung und Kennzeichnung alter und neuer Gentechnik. Gentechnikfreie Produktion und Wahlfreiheit der Verbraucherinnen und Verbraucher sollen geschützt werden. Die Freiheit der Forschung soll aber weiterhin auch im Bereich Gentechnik gewährleistet werden. Stärken will die Partei hier vor allem die Risiko- und Nachweisforschung.

Linke will Gentechnik-Anbau, Handel und Import verbieten

Die Linke will laut ihrem Wahlprogramm Anbau, Handel und Import von gentechnisch veränderten Pflanzen verbieten, und nennt dabei ausdrücklich auch „neue Gentechnikverfahren“. Gentechnikfreie ökologische und konventionelle Züchtung soll mit mehr Forschungsmitteln gestärkt werden. Die Linke ist damit die radikalste Anti-Gentechnik-Partei.

FDP uneingeschränkt für alte und neue Gentechnik

Wenig überraschend betont die FDP, ähnlich wie die Union, die ihrer Ansicht nach großen Potenziale der Gentechnik für Biodiversität, Böden und Effizienz und bekennt sich uneingeschränkt zu ihrem Einsatz – und zwar nicht nur auf neue Gentechnik-Verfahren bezogen. Die Forderung nach Deregulierung umschreibt die FDP mit „aktuellen und wissenschaftlich basierten Zulassungskriterien“, die ihr zufolge dafür gelten sollen. Von Vorsicht, Verantwortung oder Vorsorge ist nicht die Rede. Damit ist die FDP nach wie vor die radikalste Pro-Gentechnik-Partei.

Auch AfD sieht Gentechnik-Nutzen

Auch die AfD spricht sich für Gentechnik aus. Zu deren „heute schon sichtbaren Nutzen“ will die Rechtsaußen-Partei eine „Aufklärungsinitiative“ starten. Und auch eine Gentechnik-Deregulierung wird angedeutet – die AfD will dafür einen „pragmatischen Ordnungsrahmen schaffen“.

Hissting: „Thema Gentechnik ist relevant wie lange nicht mehr“

„Es ist vor allem gut, dass alle relevanten Parteien klar zu Gentechnik Stellung bezogen haben. Das zeigt: das Thema ist nach wie vor wichtig, durch die aktuelle Debatte um die künftige EU-Regulierung vor allem der neuen Gentechnik-Verfahren wie CRISPR ist es sogar so relevant wie lange nicht mehr. Die neue Bundesregierung wird auf EU-Ebene Farbe bekennen müssen, ob Verbraucherschutz und Vorsorgeprinzip, ‚Ohne Gentechnik‘ und Bio-Sektor oder die Interessen der Saatgutkonzerne und Chemieriesen für sie schwerer wiegen“, kommentiert VLOG-Geschäftsführer Alexander Hissting.

Die Aussagen zu Gentechnik in den Wahlprogrammen sind deutlich und sprechen für sich selbst. Wem als Wählerin oder Wähler Transparenz und Gentechnikfreiheit am Herzen liegt, kann sich daran gut orientieren.

 

Die Gentechnik-Abschnitte aus den Wahlprogrammen im Wortlaut

CDU/CSU

"Mit neuen Techniken ökologisch produktiver wirtschaften

Digitalisierung und neue molekularbiologische Züchtungstechnologien können die Landwirtschaft umweltfreundlicher und wettbewerbsfähiger machen, Ernten stabil halten bei weniger Pflanzenschutzmitteleinsatz und geringerem Wasserverbrauch im Klimawandel. Es geht auch um unsere Verantwortung in der Welt.

• Wir wollen einen verantwortungsvollen, auf klaren Regeln basierenden Einsatz der neuen Züchtungstechnologien ermöglichen. Wir setzen uns deshalb für eine Modernisierung des europäischen Rechtsrahmens ein."

Das Programm für Stabilität und Erneuerung. Gemeinsam für ein modernes Deutschland. Veröffentlicht am 21.06.2021

Bündnis 90 / Die Grünen

„Unser Leitbild ist eine sich weiter entwickelnde ökologische Landwirtschaft mit ihren Prinzipien Tiergerechtigkeit, Gentechnikfreiheit und Freiheit von chemisch-synthetischen Pestiziden.
[…]

Vielfältiges Saatgut ohne Patente

Eine vielfältige, gerechte und nachhaltige Landwirtschaft beginnt beim Saatgut. Angesichts der Klima- und Biodiversitätskrise wollen wir die Züchtung von robusten Sorten und die Forschung für ökologisches Saatgut vorantreiben sowie die Forschung zu alternativen Ansätzen stärken, die auf traditionelle und ökologische Züchtungsverfahren setzen. Dabei muss wie bei jeder Technologie der Umgang mit alten wie neuen gentechnischen Verfahren einerseits die Freiheit der Forschung gewährleisten und andererseits bei der Anwendung Gefahren für Mensch und Umwelt ausschließen. Nicht die Technologie, sondern ihre Chancen, Risiken und Folgen stehen im Zentrum. Wir werden daher an einem strengen Zulassungsverfahren und am europäisch verankerten Vorsorgeprinzip festhalten. Dazu bleiben Risikoprüfungen auf umfassender wissenschaftlicher Basis und eine Regulierung, die unkontrollierbare Verbreitung ausschließt, sowie eine verbindliche Kennzeichnung, die gentechnikfreie Produktion und die Wahlfreiheit der Verbraucher*innen schützen, nötig. Entsprechend braucht es eine Stärkung der Risiko- und Nachweisforschung. Wir wollen das Patentrecht so ausrichten, dass es keine Patente auf Lebewesen und ihre genetischen Anlagen mehr gibt.

[…]

Bei Eingriffen in die Natur müssen nicht verantwortbare Risiken, wie die Manipulation oder Ausrottung ganzer Populationen oder Arten durch gentechnische Methoden, sogenannte Gene Drives, ausgeschlossen werden.“

[…]

Deutschland. Alles ist drin. Veröffentlicht am 13.06.2021

SPD

„Wir bleiben beim Nein zu gentechnisch veränderten Pflanzen.“

Aus Respekt vor deiner Zukunft. Veröffentlicht am 09.05.2021

Die Linke

„DIE LINKE will Patente auf Leben verbieten. Zur Sicherung der genetischen Vielfalt sollen alte Pflanzensorten und Tierrassen erhalten und freie Nachbaurechte gesichert werden. Die gentechnikfreie klassische und ökologische Züchtung wollen wir mit höheren Forschungsmitteln stärken. Wir wollen den Anbau und den Handel mit gentechnisch veränderten Pflanzen, auch aus neuen Gentechnikverfahren, verbieten. Klonen von Tieren muss verboten bleiben. Wir wollen eine Kennzeichnung von importierten Lebensmitteln, die aus geklonten Tieren und ihren Nachkommen hergestellt werden. Wir wollen den Anbau und den Handel mit sowie den Import von gentechnisch veränderten Pflanzen verbieten. Wir wollen uns für ein globales Moratorium über die Freisetzung von Gene-Drive-Organismen einsetzen.“

Zeit zu handeln! Für soziale Sicherheit, Frieden und Klimagerechtigkeit. Veröffentlicht am 20.06.2021

FDP

„Nachhaltige Landwirtschaft durch neue Technologien

Wir Freie Demokraten wollen Technologieoffenheit für die nachhaltige Landwirtschaft der Zukunft. Für gentechnisch veränderte Nutzpflanzen müssen daher aktuelle und wissenschaftlich basierte Zulassungskriterien gelten. Grüne Gentechnik eröffnet neue Möglichkeiten, um Böden zu schonen, Biodiversität zu fördern und die Effizienz des Betriebsmitteleinsatzes zu erhöhen.“

Nie gab es mehr zu tun. Verabschiedet bei Parteitag 14.-16.05.2021

AfD

„Wir wollen eine Aufklärungsinitiative über den heute schon sichtbaren Nutzen der Gentechnik ins Leben rufen und einen pragmatischen Ordnungsrahmen für diese Technik schaffen.“

Deutschland. Aber normal. Beschlossen bei Parteitag am 10.04.2021, veröffentlicht am 20.05.2021

 

Grüne für Regulierung und Kennzeichnung neuer Gentechnik

Grün-Schwarz: Baden-Württemberg bleibt gentechnikfrei