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Aufregung um CMS-„Gentechnik“

- In letzter Zeit berichteten zahlreiche Medien über angebliche „Gentechnik“-Funde in Bio-Gemüse und Babynahrung. Das Magazin „Wiso“ des ZDF hatte verschiedene Produkte getestet und dabei unter anderem Brokkoli und Chicorée aus CMS-Züchtung entdeckt. Die deutschen Öko-Anbauverbände wie Demeter lehnen diese Technologie ab – laut geltendem Recht ist sie jedoch keine Gentechnik.

CMS steht für Cytoplasmatisch-Männliche Sterilität. Das ist eine natürliche Eigenschaft, die in der Züchtung von ertragreichen Hybriden eine bedeutende Rolle spielt. Denn wenn sie mittels Zellfusion z.B. auf den Brokkoli übertragen wird, können sich die Pflanzen nicht mehr selbst bestäuben. Das erleichtert die Züchtung. Die Zellfusion gilt laut EU-Recht als Gentechnik – nicht jedoch, wenn sich die Pflanzen auch auf natürlichem Wege kreuzen könnten. Da das bei, beispielsweise, Rettich und Brokkoli möglich ist, dürfen CMS-Hybride nicht nur im konventionellen Gemüseanbau, sondern auch bei „bio“ verwendet werden.

Offiziell gilt das CMS-Gemüse in Bio-Supermärkten und Babybrei also nicht als gentechnisch verändert. Gesetzliche Vorschriften wurden nicht verletzt. Allerdings lehnen die Bio-Verbände wie Demeter, Bioland und Naturland die Technik trotzdem ab. Sie sehen darin einen Eingriff in die Natürlichkeit. „Die Züchtungsmethode verletzt nach Überzeugung von Demeter und der anderen Bio-Verbände (...) die Integrität der Pflanze und ist mit den Prinzipien des ökologischen Landbaus nicht vereinbar“, schrieb Demeter in einer Stellungnahme zum Wiso-Bericht. Demeter-Unternehmen erlegen sich also selbst auf, kein CMS-Hybridsaatgut zu verwenden. Doch nicht alle Zulieferer können lückenlos kontrolliert werden.

Problematisch ist auch, dass es nur wenige echte Öko-Züchter gibt. Deshalb ist die Versorgung mit „samenfestem“ Saatgut – d.h. keine Zellfusion, keine Hybride – nicht immer ausreichend. Deswegen setzen sich Verbände wie Demeter dafür ein, die Öko-Forschung stärker zu fördern. Das würde auch die Abhängigkeit von multinationalen Saatgut-Konzernen verringern. „Die Öko-Verbände wollen langfristig die Verfügbarkeit von Sorten absichern, die ohne kritische Züchtungsverfahren erzeugt wurden und die den besonderen Anforderungen der ökologischen Wirtschaftsweise gerecht werden“, sagte der Vorsitzende des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Felix Prinz zu Löwenstein in Reaktion auf die CMS-Debatte.

Außerdem müssen Landwirte und Gärtner beim Kauf von Saatgut erkennen können, ob es sich um CMS-Hybride handelt. Das ist bislang nicht immer möglich. „Wir fordern eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht für Züchtungsmethoden – wie die Zellfusionstechnik – durch die Züchter“, so Löwenstein. Auch Greenpeace plädierte für mehr Transparenz auf dem Saatgutmarkt.

Demeter: Stellungnahme des Demeter e. V. zur WISO-Sendung (07.10.13)

Greenpeace: Gentechnik im Bio-Gemüse? (15.08.13)