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EU-Kommission klammert bei Green Deal die Neue Gentechnik aus

- Der European Green Deal, den die EU-Kommission letzte Woche vorstellte, enthält auch ein Kapitel zur Landwirtschaft. Darin sollten die neuen gentechnischen Verfahren ursprünglich eine prominente Rolle spielen. Doch die neue Kommission hat den Entwurf entschärft.

Im Frühjahr 2020 will die Kommission eine Landwirtschaftsstrategie vorstellen. „Vom Hof auf den Tisch“ (from farm to fork) soll sie heißen. In einer im November geleakten Präsentation des Green Deal stand, ein Teil der Strategie seien „Maßnahmen, um innovative Wege, einschließlich neuer genomischer Techniken, zu entwickeln“. Sie sollten dazu beitragen, Pflanzen an den Klimawandel anzupassen und die Nachhaltigkeit der Ernährungssysteme zu verbessern.

In der jetzt veröffentlichten Version liest sich das so: „Die EU muss innovative Wege zum Schutz der Ernten vor Schädlingen und Krankheiten entwickeln und die mögliche Rolle neuer innovativer Verfahren bei der Verbesserung der Nachhaltigkeit des Lebensmittelsystems prüfen, wobei gleichzeitig gewährleistet werden muss, dass sie sicher sind.“ Die Kommission strich also das Reizwort „genomische Techniken“, machte aus dem „entwickeln“ ein „prüfen“ und fügte einen Halbsatz an, der nach Vorsorgeprinzip klingt, den Begriff selbst aber vermeidet. Parallel dazu hatte die Kommission das ursprüngliche Ziel, den Pestizidverbrauch bis 2030 um 50 Prozent zu reduzieren in eine „deutliche Verringerung“ umgewandelt. „Von der Leyen rudert bei Pestiziden und Gentechnik zurück“, titelte daraufhin der Informationsdienst Euractiv.

Die alte EU-Kommission wollte ursprünglich das Innovationsprinzip in der gesamten EU-Gesetzgebung verankern. Mit dem Hinweis auf Innovationen hätte dadurch das Vorsorgeprinzip ausgehebelt werden können. Im nun veröffentlichten Green Deal kommt der Begriff „Innovationsprinzip“ nicht mehr vor. Jetzt heißt es nur noch, die Kommission „werde die Art und Weise verbessern, in der ihre Leitlinien für eine bessere Rechtsetzung und deren unterstützende Instrumente die Themen Nachhaltigkeit und Innovation behandeln“. Die WirtschaftsWoche findet die Abkehr vom Innovationsprinzip gut. Denn: „Der Begriff ist eine Erfindung des dubiosen European Risk Forums, einem Think Tank, finanziert von den Chemieherstellern Bayer und BASF, dem Ölkonzern Chevron, sowie den Tabakonzernen Philip Morris International und British American Tobacco.“ Die Chemieunternehmen hätten sich keinen Gefallen getan, indem sie sich mit der Tabakindustrie zusammentaten und eine eigene Pseudo-Denkfabrik errichteten, kritisierte die Wirtschaftswoche.

Heike Moldenhauer, EU Policy Advisor des VLOG, wertet den nun vorgelegten Green Deal in Sachen Gentechnik als Fortschritt: „Kommissionspräsidentin von der Leyen hat den Pro-Gentechnik-Kurs ihrer Vorgänger nicht einfach übernommen. Sie hat offenbar verstanden, dass die Mitgliedstaaten beim Thema Gentechnikrecht sehr unterschiedliche Positionen vertreten und die Brechstange, mit der manche das Gentechnikrecht schleifen wollen, in der gentechnikkritischen europäischen Öffentlichkeit nicht gut ankommt.“

VLOG-Geschäftsführer Alexander Hisstings bedauert, dass die Bundesregierung sich mangels Positionierung bei der europäischen Debatte um das Gentechnikrecht neutralisiert hat. „Es ist an der Zeit, dass die Bundesregierung endlich das macht, was sie ihm Koalitionsvertrag zugesagt hat“, sagt Hissting. Im Vertrag heißt es, die Koalition werde nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes „auf europäischer oder gegebenenfalls nationaler Ebene Regelungen vornehmen, die das Vorsorgeprinzip und die Wahlfreiheit gewährleisten.“

EU-Kommission: Der europäische Grüne Deal, COM(2019) 640 final (11.12.2019)

The European Green Deal, geleakte Präsentation (November 2019)

Euractiv.de: Green Deal: Rudert von der Leyen bei Pestiziden und Gentechnik zurück? (12.12.2019)

WirtschaftsWoche: Die Spuren der Lobbyisten in der EU-Klimapolitik (11.12.2019)