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Gentech-Mais: Neue Anbauzulassungen ändern wenig
Von den 28 EU-Mitgliedern haben im Zuge der 2015 in Kraft getretenen Opt-out-Regelung 17 Staaten und vier Regionen den Anbau von Mon810, Bt11, 1507 und weiteren Maissorten verboten. Für sie ändert sich durch eine Anbauzulassung für diese Sorten nichts, sie bleiben verboten. In den anderen elf EU-Staaten könnten Landwirte nach einer Zulassung die gentechnisch veränderten Maissorten anbauen. Bisher sind es vor allem Bauern in Spanien, die diese Möglichkeit nutzen und MON810 auf etwa einem Drittel der Maisfelder anbauen. Auch in Portugal, Tschechien und der Slowakei nutzen einige Betriebe noch MON810. Insgesamt wurde der gentechnisch veränderte Mais 2016 jedoch nur auf 1,5 Prozent der EU-Maisfläche angebaut, meldete das Portal Transgen. Durch die Neuzulassung von MON810 können die Landwirte in diesen Ländern den Gentech-Mais weiter nutzen.
Die beiden anderen Sorten, Bt11 und 1507, sind für sie wenig interessant. Bei ihnen handelt es sich um veraltete Sorten, die gegen das Bayer-Herbizid Glufosinat resistent sind. Dieses gilt als fortpflanzungsschädigend, darf in der EU deshalb seit 2013 nur noch beschränkt eingesetzt werden und die EU-Zulassung läuft in diesem Jahr aus. Die Zulassung dieser beiden Sorten soll in erster Linie Druck von der Kommission nehmen. Weil das Verfahren für die Maislinie 1507 bereits seit 15 Jahren läuft, hatten die Hersteller DuPunt und Dow die Kommission bereits 2013 erfolgreich wegen Untätigkeit vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt. Die Anbauzulassung für den Speisemais Bt11 hatte Syngenta erstmals 1996 beantragt, der jetzt zur Entscheidung anstehende Antrag stammt von 2003.
Das Zulassungsverfahren sieht vor, dass zuerst die EU-Mitgliedsstaaten über den Vorschlag der Kommission entscheiden. Sie können ihn mit qualifizierter Mehrheit annehmen oder ablehnen. Eine solche Mehrheit müsste 16 von 28 Mitgliedsstaaten umfassen, die 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren. Sowohl im zuständigen Ausschuss der Mitgliedsstaaten als auch im Berufungsausschuss, der letzte Woche über die Zulassung beriet, kam eine qualifizierte Mehrheit nicht zustande – auch deshalb, weil Deutschland sich aufgrund von Unstimmigkeiten innerhalb der Regierung der Stimme enthielt. Der Bio-Dachverband BÖLW kritisierte Landwirtschaftsminister Christian Schmidt deutlich und wies auf mögliche Folgen hin: „Jeder Anbau von Gentechnik-Pflanzen irgendwo in Europa erhöht die Gefahr von Kontaminationen. Das bedeutet hohe wirtschaftliche Risiken für gentechnikfreie Bauern und Lebensmittelproduzenten. Diese Risiken hätte der verantwortliche Minister Schmidt mit einem Nein ausgeschaltet.“ Das Patt in den zwei Abstimmungen führt dazu, dass nun die EU-Kommission alleine entscheidet und die Zulassung wahrscheinlich erteilen wird – wie sie das bisher regelmäßig getan hat. Denn solche Patt-Abstimmungen gab es bisher bei zahlreichen Zulassungsentscheidungen.
Die Kommission hatte gehofft, dass durch die Opt-out-Regelung und die dadurch möglichen nationalen Anbauverbote Patt-Situationen künftig vermieden würden. Die gentechnikkritischen Mitgliedsstaaten, so die Hoffnung, würden im Gegenzug für die Opt-out-Regelung Anbauzulassungen für die Gentechnik-Befürworter wie Spanien durchwinken. Das hat nicht funktioniert, so dass der Ball nun doch wieder im Spielfeld der EU-Kommission und ihres Präsidenten liegt. Der habe nun die Wahl, ob er sich hinter die Mehrheit der Bürger und Bauern stelle, die eine gentechnikfreie Landwirtschaft wollen, oder ob er den großen Agrarkonzernen den Rücken stärke, sagte Mute Schimpf, Gentechnikexpertin bei Friends of Earth Europe.
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