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Neues Nachweisverfahren: Hersteller von „Gene-Editing“-Raps muss Referenzmaterial liefern

- Zur Überprüfung des neuen Nachweisverfahrens für „Gene-Editing“-Raps benötigen die Behörden Original-Referenzmaterial. Das muss Hersteller Cibus liefern, nicht die Entwickler des neuen Tests.

Im September 2020 hat der VLOG gemeinsam mit Greenpeace, der österreichischen ARGE Gentechnik-frei und weiteren Organisationen einen Open-Source-Nachweistest für die erste kommerziell angebaute „Gene Editing“-Nutzpflanze vorgestellt. Den beauftragten Wissenschaftlern ist es gelungen, den genetischen Code zum Nachweis von SU Canola zu knacken, einer herbizidtoleranten gentechnisch veränderten Rapssorte der US-Firma Cibus, die in Nordamerika angebaut wird.

Ziel dieses gemeinsamen Projekts ist es, die ordnungsgemäße Regulierung von genetisch veränderten Organismen (GVO) in der Europäischen Union zu unterstützen. Die beteiligten Organisationen haben den Regulierungsbehörden mit diesem Nachweisverfahren das dringend benötigte Werkzeug an die Hand gegeben, um die Kontamination der EU-Lebensmittelkette durch diesen nicht zugelassenen GVO zu verhindern. Zugleich wurde damit gezeigt, dass auch mit neuen Verfahren gentechnisch veränderte Nutzpflanzen trotz gegenteiliger Behauptungen nachgewiesen werden können.

Seit der Veröffentlichung des Nachweisverfahrens spielt die Firma Cibus mit europäischen Regulierungsbehörden und Verbrauchern ein Katz-und-Maus-Spiel. Entgegen früherer Behauptungen bestreitet Cibus jetzt, dass der Raps gentechnisch verändert ist. Außerdem hat Cibus bisher keine Saatgutproben zur Verfügung gestellt, die EU-Regulierungsbehörden brauchen, um das neue Nachweisverfahren zu überprüfen.

Deshalb hat sich das deutsche nationale GVO-Referenzlabor im Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) an die Organisationen gewendet, die den Test entwickelt haben, und sie um Referenzmaterial gebeten. Denn das Bundeslandwirtschaftsministerium hat angeordnet, die neue Methode zu überprüfen. Wir unterstützen diese Verifizierung als einen Schritt zur Überwachung von Importen, die möglicherweise „Gene Editing“-SU-Raps enthalten. Wir halten es allerdings aus prinzipiellen Gründen und aus Gründen der guten regulatorischen Praxis nicht für angebracht, dem BVL Saatgutproben zur Verfügung zu stellen.

Erstens sollte die Entwicklerfirma Cibus die Saatgutproben zur Verfügung stellen, um grundlegende Standards der Transparenz zu erfüllen. Wenn Cibus sich weigert, wird es das Misstrauen der Verbraucher und der Zivilgesellschaft gegenüber GVOs und den Unternehmen, die sie herstellen, bestätigen und weiter bestärken. Cibus hat der Europäischen Kommission mitgeteilt, dass sein „Gene Editing“-SU-Raps in EU-Importen enthalten sein könnte. Dank des neuen Nachweisverfahrens haben die EU-Behörden jetzt eine Möglichkeit, Importen auf den nicht zugelassenen Cibus-Raps zu kontrollieren. Das Unternehmen muss diese Bemühungen unterstützen, so gut es kann.

Zweitens: wenn Cibus das Referenzmaterial nicht freiwillig liefert, sollten das BVL und die Europäische Kommission es ausdrücklich von der Firma verlangen. Denn wenn Cibus sich den Forderungen von EU-Aufsichtsbehörden einfach entziehen kann, wäre das ein fatales Signal auch an andere Firmen, dass die Gentechnik-Gesetze und Aufsichtsbehörden der EU sehr einfach zu umgehen sind. In der Vergangenheit haben andere Gentechnik-Saatgutfirmen EU-Behörden Nachweismethoden und Referenzmaterialien zur Verfügung gestellt, um den Nachweis nicht zugelassener GVO zu erleichtern. Beispielsweise Bayer im Jahr 2006, als sein gentechnisch veränderter Reisstamm LL REIS 601 in der EU-Lieferkette gefunden wurde.

Der neue Test sollte mit allen vier derzeit auf dem Markt befindlichen Sorten von Cibus-SU-Raps verifiziert werden. Unsere Nachweismethode wurde unter Verwendung der beiden Sorten entwickelt, die wir beschaffen konnten. Obwohl wir allen Grund zur Annahme haben, dass die Nachweismethode auch die anderen Linien von Cibus-SU-Raps erfassen wird, sollten sich die EU-Regulierungsbehörden sämtliche Linien zur Verifizierung beschaffen. Nur so kann ausgeschlossen werden, dass Cibus künftig Behauptungen über Eigenschaften von Linien aufstellt, die die Regulierungsbehörden nicht prüfen konnten.

Die EU-Staaten müssen die neue Nachweismethode in ihre routinemäßigen GVO-Tests integrieren, damit der Cibus-„Gene Editing“-Raps nicht illegal in die Lebens- und Futtermittelketten gelangt. Unternehmen wie Cibus sollten den Behörden das Material zur Verfügung stellen, das sie zur Erfüllung ihrer Regulierungsaufgaben benötigen. Die Mitglieder des Konsortiums, das die Entwicklung des Open-Source-Detektionstests finanziert hat, unterstützen voll und ganz alle Anfragen des BVL und anderer zuständiger Behörden an Cibus, das zur Verifizierung des Tests benötigte Saatgut zur Verfügung zu stellen.

Die Regierungen sind verpflichtet, die GVO-Gesetze der EU – einschließlich Risikoprüfung, Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung – für alle GVO anzuwenden und durchzusetzen. Auch für solche, die mit „Gene Editing“ hergestellt werden. Sie müssen handeln, sobald der Verdacht besteht, dass gegen die GVO-Gesetze verstoßen wurde, und nicht erst dann, wenn der Verstoß nachgewiesen ist. Die gesetzlichen Anforderungen an Nachweisverfahren für amtliche Kontrollen sind in Art. 34 der Verordnung über amtliche Kontrollen (Verordnung (EU) 2017/625) festgelegt. Diese Anforderungen gelten für den Nachweis nicht zugelassener GVO, wie z.B. den Cibus SU Canola.

Die praktische Durchführung von Tests nach der neuen Methode ist schon jetzt möglich, denn der Peer-Review-Artikel, der das Verfahren detailliert beschreibt, enthält auch Sequenzinformationen, die es den Labors ermöglichen, geeignetes Referenzmaterial selbst herzustellen. Das österreichische Umweltbundesamt, das die Zuverlässigkeit und Belastbarkeit des Verfahrens bestätigt hat, bietet es bereits an.

Pressemitteilung: Weltweit erstes Open-Source-Nachweisverfahren für Pflanzen aus neuer Gentechnik veröffentlicht

Hintergrund: Weltweit erstes Open-Source-Nachweisverfahren für Pflanzen aus neuer Gentechnik veröffentlicht

Projekt-Website Detect-GMO.org

VLOG-Stellungnahme zur BVL-Fachmeldung zum neuen Nachweisverfahren für „Genome Editing“-Raps