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Zweifelhafter Bericht zur Koexistenz

- Ein EU-Forschungsprojekt hält die Vermeidung von Gentechnik-Verunreinigungen auch unter heutigen rechtlichen Bedingungen für leicht möglich. Eine Analyse kritischer Experten zeigt jedoch, dass das Projekt reale Probleme in Portugal beiseite wischt. Zudem werden Spurenverunreinigungen ignoriert, die für zertifiziert gentechnik-freie Produkte nicht akzeptabel sind, gibt der Verband Lebensmittel Ohne Gentechnik (VLOG) zu Bedenken.

Das EU-Projekt namens „Practical Implementation of Coexistence in Europe“ (PRICE) untersuchte von 2011 bis Ende 2014, wie die Koexistenz von gentechnikfreien Feldern und solchen mit gentechnisch veränderten Pflanzen am besten ermöglicht werden kann. Das Fazit: die bisherigen Maßnahmen reichen aus, zusätzliche Abstandsregelungen sind nicht nötig. „Dank PRICE können wir belegen, dass die Koexistenz von GV- und nicht-GV-Lebensmitteln im Rahmen der EU-Gesetzgebung funktioniert”, erklärte der Projektleiter, Justus Wesseler von der Universität Wageningen. „Niedrigere Grenzwerte oder strengere Auflagen würden aus unserer Sicht Engpässe im Futtermittelbereich nach sich ziehen - Beispiel Soja. Europa müsste dann mehr Endprodukte einführen und die Lebensmittelpreise würden steigen.“

Doch der Münchner Verein Testbiotech kritisiert diese Einschätzung als „platte Propaganda“. So werde zwar auf Erfolge auf kleinen Versuchsflächen in Spanien hingewiesen, nicht aber auf Probleme in Portugal. Dort wurden laut Testbiotech von PRICE-Forschern 16 Maisbrote aus sieben Regionen auf Gentechnik-Spuren untersucht. Teilweise habe der Gentechnik-Anteil bei rund zehn Prozent gelegen. „Diese Befunde werden in der jüngsten Pressemitteilung von PRICE mit keinem Wort erwähnt“, so die Kritik.

Auch der Verband Lebensmittel Ohne Gentechnik (VLOG) hält die Mitteilung des Projekts für zu einseitig. Offenbar gilt Koexistenz hier als gelungen, wenn Gentechnik-Verschleppungen von mehr als 0,9 Prozent vermieden werden. „Das geht an der rechtlichen Realität völlig vorbei“, erklärt VLOG-Geschäftsführer Alexander Hissting. Denn für Siegel wie „Ohne Gentechnik“ gilt der wesentlich niedrigere Schwellenwert von 0,1 Prozent.

Außerdem besagt EU-Recht, dass Gentechnik-Verunreinigungen zwischen 0,1 und 0,9 Prozent nur dann ausnahmsweise zulässig sind, wenn sie „zufällig“ oder „technisch unvermeidbar“ waren – wenn also alles dafür getan wurde, sie zu verhindern. Würde sich die Empfehlung von PRICE durchsetzen, hätte man jedoch ein System, das Verschleppungen bis 0,9 Prozent billigend in Kauf nimmt. Nach EU-Recht müssten Produkte daraus als gentechnisch verändert gekennzeichnet werden.

„Hier scheint man Studienergebnisse veröffentlicht zu haben, die ein politisch gewünschtes Ergebnis liefern anstatt der Realität ins Auge zu sehen, dass eine Koexistenz in der Landwirtschaft auf engem Raum nicht möglich ist“, kommentiert Hissting.

Testbiotech: EU-Projekt PRICE macht Stimmung für Gentechnik in der Landwirtschaft (26.03.15)