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Auftrag an neue Koalition: 94 Prozent wollen Kennzeichnung neuer Gentechnik

- 94 Prozent der Erwachsenen in Deutschland wollen laut einer Studie der Bundesregierung eine Kennzeichnungspflicht auch für neue Gentechnik (NGT) in Lebensmitteln. Das muss die künftige Bundesregierung ernst nehmen und in Brüssel durchsetzen.

Laut aktueller „Naturbewusstseinsstudie“ des Bundesamts für Naturschutz (BfN) sprechen sich 94 Prozent der Erwachsenen in Deutschland „voll und ganz“ oder „eher“ dafür aus, dass Lebensmittel, die mit neuen gentechnischen Verfahren hergestellt wurden, immer vom Handel gekennzeichnet werden sollen. 

Kennzeichnungspflicht fehlt bisher in Ratsposition

In der neuen gemeinsamen Ratsposition der EU-Staaten vom 14.03.2025 fehlt eine solche Kennzeichnungspflicht bis zum Endprodukt für den Großteil der künftigen Gentechnik-Produkte. Deutschland hatte unter anderem deshalb nicht zugestimmt. Das Europaparlament fordert dagegen eine umfassende NGT-Kennzeichnungspflicht. In den Trilog-Verhandlungen zwischen Ministerrat, Parlament und EU-Kommission kommt es jetzt darauf an, diese Mindestanforderung durchzusetzen.

Neue Koalition muss sich für Transparenz einsetzen

Alexander Hissting, Geschäftsführer des Verbandes Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG): „Klarer geht es nicht. Der mehr als eindeutige Mehrheitswunsch der Bürger:innen ist ein Auftrag an Union und SPD, sich als neue Bundesregierung auf EU-Ebene für eine umfassende, transparente Gentechnik-Kennzeichnung stark zu machen. Darauf sollten sie sich schon jetzt in ihrem Koalitionsvertrag festlegen. Insbesondere CSU und SPD haben sich immer wieder zu Gentechnikfreiheit und Transparenz bekannt.“

Fehlende NGT-Kennzeichnung wäre wirtschaftsschädlich

„Auch für die Lebensmittelwirtschaft und insbesondere die Milliardenmärkte ,Ohne Gentechnik‘ und Bio ist die verpflichtende NGT-Kennzeichnung erklärtermaßen ein Muss. Ansonsten drohen unabsehbare Haftungsrisiken, Kosten und Aufwand, die am Ende auch Lebensmittel verteuern würden. Eine NGT-Deregulierung ohne dieses wichtige Detail wäre extrem wirtschaftsschädlich. Das können CDU, CSU und SPD nicht ignorieren. Es geht nicht um ein NGT-Verbot, sondern um das Gebot der Transparenz.“

Ministerrat-Mehrheit für Deregulierung könnte schnell wieder dahin sein

Obwohl die NGT-Kennzeichnungspflicht in der Mehrheitsposition der EU-Staaten bisher fehlt, kann sie es in den Trilog-Verhandlungen durchaus noch in die endgültige Verordnung schaffen. Das Parlament fordert sie. Und auch die EU-Staaten sind dazu weit weniger einig als es scheint. So hat etwa Belgien der Position zwar zugestimmt, fordert aber in einer Zusatzerklärung eine umfassende NGT-Kennzeichnungspflicht – und darüber hinaus Patentverbot, Risikoprüfungen und Koexistenzregeln. Damit könnte die Deregulierungsmehrheit im Ministerrat schon wieder dahin sein.

Schwarze-rote Koalition: Gute Vorzeichen für Gentechnik-Transparenz

In der künftigen schwarz-roten Koalition sind die Vorzeichen für eine klare Haltung im Sinn von Verbraucher:innen und Wirtschaft womöglich sogar insgesamt etwas besser als bei der Ampel. Die SPD hatte sich vor der Wahl für „klare Regeln für Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung bei Produkten, die mithilfe neuer Gentechniken hergestellt werden“ ausgesprochen. Die Kennzeichnung entsprechender Produkte ist laut Sozialdemokraten „unverzichtbar“. Und die CSU hat eine lange gentechnikkritische Tradition. So hat etwa die damalige CSU-Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner 2009 das staatliche „Ohne GenTechnik“-Siegel ins Leben gerufen. Auch in Bayerns aktuellem Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern ist Gentechnikfreiheit festgeschrieben. „Bayern ist gentechnikfrei und wird das auch bleiben“, versprach die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) noch letztes Jahr.

Naturbewusstseinsstudie des BfN

Die regelmäßig aktualisierte Naturbewusstseinsstudie des Bundesamts für Naturschutz (BfN) erschien zuletzt im Dezember 2024 (Naturbewusstseinsstudie 2023). Die Mehrheit der Befragten hält darüber hinaus die langfristigen Folgen der neuen gentechnischen Verfahren für nicht absehbar und will selbst keine gentechnisch veränderten Lebensmittel essen.

Naturbewusstseinsstudie 2023 (BfN)

Mehrheitsposition der EU-Staaten: Großer Nachbesserungsbedarf bei NGT-Deregulierung

Bundestagswahl 2025: Positionen der Parteien zur Agrogentechnik (Infodienst Gentechnik)

Europäische Unternehmen fordern konsequente Gentechnik-Kennzeichnung

Özdemir unterstützt Forderungen nach Wahlfreiheit und Koexistenz

Rechtsgutachten: Haftungsrisiken bei neuer Gentechnik nicht auf EU-Lebensmittelwirtschaft abwälzen!